Akzeptanz (Selbstliebe II)
Hallöchen ihr Lieben!
Okay, ich geb’s zu: ich bin heute schon wieder echt spät dran mit dem montäglichen Selbstliebe-Wegweiserbeitrag.
Aber immerhin ist noch Montag 😉 Ich gelobe dennoch Besserung.
Wie habt ihr das Wochenende verbracht? Es war ja haaaaaaaammmermäßiges Wetter! Sonne pur! Allerbestes Wetter zum völligen Entspannen! Da fällt das Sich-selber-toll-finden doch gleich viel leichter – oder? Habt ihr denn die Bestandsaufnahme von letzter Woche gut überstanden? Wie erging es euch dabei? Und hat sich etwas in eurer Einstellung beziehungsweise eurem Gefühl euch selbst gegenüber verändert?
Egal was ihr darauf jetzt geantwortet habt, nach dem Anschauen von letzter Woche geht es jetzt an Schritt Nummer 2: das Annehmen. Im Großen und Ganzen ist das eine Ausdehnung eines Gedankens, den ihr in der Bestandsaufnahme schon gemacht habt: Es geht hier darum, nicht zu bewerten. Manche von euch haben jetzt vielleicht gedacht: Ist ja klar. Andere haben aber vielleicht gesagt: „Wie soll das denn gehen??“ Denn tatsächlich sind wir es gewohnt, zu bewerten. Und zwar alles und jeden. Das mag evolutionstechnisch Sinn machen, weil man sich ja in der Steinzeit (bewusst oder unbewusst) gut aussuchen musste,
welche Personen, Eigenschaften, Verhaltensweisen und auch Äußerlichkeiten das eigene Überleben am besten sichern würden. Und auch in unserer Kultur bekommen wir das Bewerten heute sehr mit auf den Weg gegeben. Das geht beim Belohnen für gute Noten (und Verhaltensweisen) los und hört beim Ärger für Unerwünschtes auf. Leider vergessen wir aber oft etwas:
Sobald unsere Eltern uns beigebracht haben, wie man in der Gesellschaft überlebt, können wir uns unsere Werte eigentlich selbst aussuchen. Und das dürfen wir auch!
Inzwischen leben wir in einer Welt, in der Vielfalt etwas Wundervolles sein kann. Trotzdem scheuen sich noch so viele von uns, ihr Licht scheinen zu lassen, weil sie befürchten, es könne zu hell, zu gelb, zu grünlich, zu warm oder zu sonstwas sein.
Darum hören wir damit jetzt auf. Es gibt ein paar Tricks, die dir helfen, dich selbst anzunehmen, und zwar ganz so wie du bist – egal wie du gerade bist.
Wie immer gilt: Jeder ist anders. Der eine Tipp passt für dich, der andere nicht. Trotzdem möchte ich dich unbedingt auffordern, alles durchzuprobieren (das gilt übrigens für alle Beiträge der Selbstliebe-Serie), denn wir bewegen uns hier in einem Bereich, der nicht nur rational stattfindet. Bei der ein oder anderen Strategie mag dein Kopf sagen „Was ist das denn für ein seltsamer Schwachsinn?!“ und damit deinem Bauch (Herz/Seele/…) die Chance nehmen, einen neuen Wohlfühlfaktor zu entdecken. Daher lass dich drauf ein. Wenn’s nichts hilft, kannst du es immer noch sein lassen. Bei allem was folgt, kannst du dir natürlich auch gern wieder Notizen machen, um die Dinge weiter zu verankern (Schreiben hilft beim Verarbeiten!) und / oder dein Büchlein oder Kistchen von letzter Woche ergänzen! Hauptsache du fühlst dich gut damit.
- Gib dir ein Versprechen. Ich weiß, das klingt simpel und damit irgendwie unnötig. Deshalb hab ich es früher auch nie gemacht, sondern immer halbherzig überlesen. Meinetwegen such dir auch aus, ob du dir jetzt selbst einen Vertrag aufsetzt, den du unterschreibst, oder ob du dir einfach einen kleinen Notizzettel nimmst, den du dir an den Spiegel (Kühlschrank, Bettpfosten, Sattel, …) klebst oder ob du dich einfach im Kerzenschein mit einer Tasse Tee hinsetzt und es dir selbst laut vorsagst. Wichtig ist, dass tief in dir folgende Botschaft ankommt:Ich meine es ernst mit mir. Ab jetzt achte ich auf mich. Ich werde mich annehmen und akzeptieren, denn ich habe Liebe verdient. Auch meine eigene. Ich bin es mir wert.Sollte es dir schwer fallen, Worte zu finden, stell dir den Menschen (oder das Tier) vor, das du am meisten liebst. Was würdest du ihm sagen? Genau das erlaubst du dann auch dir. In diesem ersten Schritt geht es nur um eine Absichtsbekundung. Dein System (Körper, Geist, Seele) soll wissen: Jetzt ändert sich hier etwas. Es kommt etwas Neues. Und das ist wichtig. Und du hast damit noch mal eine aktuelle Kurz-Inventur gemacht: Welche Gefühle zu diesem Thema kommen direkt hoch?
- Gehörst du zu den Menschen, die andere Leute bewundern und sich selbst schlechtreden? Dann bist du nicht allein. Viele von uns tun das eigentlich den ganzen Tag. Wenn du inmitten von Menschen sitzt, stell dir genau das einmal vor. Schau über einen Platz voller Leute und stell dir vor, jeder zweite von ihnen findet sich schrecklicher als die Menschen um ihn herum. Ich finde, das ist ein unnötig schreckliches Bild. Denn wenn man sich die Menschen einfach betrachtet, sind die wenigsten auf den ersten Blick so völlig entsetztlich! Mach dir bewusst, dass viele, viele von den Leuten, die du bewunderst, mit heftigen Selbstzweifeln kämpfen. Ich finde, das ist ein ganz seltsames Gefühl. Aber es beweist eines: keiner ist perfekt und jeder hat irgendetwas an sich und / oder anderen zu meckern. Und das wiederum bedeutet, jeder sieht, was er sehen will. Du wirst nie beeinflussen können, was ein anderer Mensch in dir sieht. Denn er trägt eine Brille. Bei Verliebten ist es die viel zitierte rosa-rote Brille. Aber Fakt ist, wir alle sehen durch einen Filter, der sich aus all den Werten, Meinungen und Erfahrungen zusammensetzt, die wir haben. Die Menschen sind so vielfältig, dass jeder (jeder!!) „Hater“ und „Fans“ hat. Wie viele Prominente kennst du, die stark polarisieren? Bei denen man anfangs dachte: „Was ist das denn für ein komischer Vogel?“ und irgendwann wird einem klar: der komische Vogel macht gerade Millionen, weil er mindestens so viele „Fans“ hat wie „Hater“. Nicht umsonst findet man überall den Spruch: „Haters gonna hate“ („Hasser werden’s hassen“). Du kannst es ohnehin nicht ändern. DU aber verbringst 24/7 mit dir. Vor DIR hast du nie Ruhe. Wenn du dich selbst also liebst, kann dir sonst eigentlich niemand etwas anhaben.
- Und deshalb nochmal: stell dir vor du wärst deine beste Freundin… was würdest du dir selbst wünschen und raten und sagen? Tu das ab jetzt immer, wenn du im Begriff bist, dich zu kritisieren. Immer, wenn du merkst, dass du dir selbst etwas Unfreudliches an den Kopf werfen willst. Würdest du deiner besten Freundin das gleiche sagen? Oder wärst du netter?
- Versprich dir selbst nicht gleich zu viel! Denn dem, der seine Versprechen nicht hält, glaubt man nicht! Wie im letzten Beitrag bereits erwähnt, bestehen wir ja nicht nur aus einem Teil. Wir sind ein komplexes Gebilde aus Meinungen und Werten und haben zu den meisten Themen und Situationen einen Cocktail an diversen Gefühlen parat. (Oft kriegen wir das gar nicht mit, weil ein Gefühl so stark überwiegt. Es lohnt sich aber, diesen weiteren Zutaten Aufmerksamkeit zu schenken. Dadurch lassen sich viele unserer bis dahin eher unbewussten Reaktionen erklären – und steuern.) Das heißt, wenn ein Teil von dir jetzt beschließt, ab heute Selbstliebe zu praktizieren, dann bedeutet das noch lange nicht, das all deine anderen „Stimmen im Kopf“ zustimmend nicken. Genau deshalb ist das ganze ja so schwierig. Du kannst diese Stimmen aber wie bei einer politischen Wahl nach und nach auf deine Seite ziehen und von der Selbstliebe-Idee überzeugen. Wie? Indem du alle mit einbeziehst und dabei realistisch und schrittweise vorgehst. Was realistisch ist, sagt dir dein Gefühl. Test:
Sprich mir nach: „Ich finde mich perfekt.“
Zu wie viel Prozent würdest du sagen, hat sich dieser Satz für dich stimmig angefühlt? 90-100%? Dann sag dir das jetzt jeden Morgen und Abend 5x, einfach, um dich dran zu gewöhnen und zu erinnern.
Wenn du stattdessen aber ein unstimmiges Bauchgefühl gespürt hast oder diese kleine Stimme im Kopf hören konntest, die solche Dinge sagt wie „Perfekt? Davon bist du noch weit entfernt. Eigentlich bist du zu undiszipliniert. Und zu dick. Deine Nase ist auch nicht gerade schön.“ oder sowas, dann ist dieser Satz zur Zeit ein zu hohes „Ziel“ für dich. Dann versuche es mit „Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit mir.“ und erinnere dich daran öfter täglich.
Für diejenigen unter uns, die sich so gar nicht mögen, gibt es auch Sätze, die noch nicht so viel abverlangen. Wenn du dich regelrecht selbst nicht leiden kannst, kannst du anfangen mit „Ich mag meine Augenfarbe und mit dem Rest von mir kann ich auch so weit leben.“
Je mehr du für dich tust, desto mehr wird sich diese „Liebes-Untergrenze“ mit der Zeit nach oben verschieben.
PS: Sollte dir so gar nichts einfallen, was du an dir okay findest, frag mal einen Freund. 🙂 Denen fällt oft mehr ein als uns selbst. - AHA. Ich habe dieses Wort gehasst. Und zwar so richtig. Wenn man jemandem etwas erzählt und er einfach nur „Aha.“ antwortet, wie soll das Gespräch denn dann bitte weitergehen?? Was antwortet man denn auf Aha?? Eine Unverschämtheit. Eine Beleidigung, dieses Wort! Und… der heilige Gral. Denn „Aha“ ist die Meisterklasse der Nichtbewertung. Stell dir vor du sitzt auf dem Reitplatz und meditierst. Da kommt eine Mücke und setzt sich auf deine Hand (oder wie in meinem Fall, ein Huhn, das die Hand anpickt). Du kannst jetzt wütend werden und beginnen, über die Mücke nachzudenken.
Oder du wedelst sie weg. Oder – du sagst „aha“ und stellst damit einfach nur fest, dass sie da ist, machst sonst nichts und meditierst weiter. Übersetzen könnte man das mit: Ich hab es gesehen und lasse mich nicht davon aus der Ruhe bringen. Genau das machst du ab jetzt mit deiner inneren Meckerstimme. Sie wird dir sagen: Du hast da ein Fettpölsterchen bekommen. Du antwortest: aha. Hab ich gemerkt, bringt mich nicht aus der Ruhe. Wichtig daran: „Hab ich zur Kenntnis genommen.“ Denn du sollst dich ja akzeptieren, nicht ignorieren. Wenn da ein Pölsterchen ist, das weg muss, dann ist das so. Du sollst dich nur nicht dafür fertig machen, sondern es neutral wahrnehmen und dann gegebenenfalls Konsequenzen ziehen. Warum ist das so wichtig? Das ist ganz einfach (lass das unbedingt durchsickern, denn dessen ist sich fast niemand bewusst):
Wir können nur das ändern, was wir akzeptiert haben!
Das ist soooo wichtig! Ständig wird versucht, sich und andere zu verändern, ohne aber überhaupt mal dem, was da ist, An-erkennung geschenkt zu haben! Das ist als würdest du jemandem sagen, du holst ihn ab – ohne zu wissen, wo er ist. Irgendetwas zu unterdrücken, hat noch nie eine Situation verbessert. Unter-drücken macht Druck! Man muss Frieden damit schließen, und dafür muss man es annehmen. Erst dann löst sich der Druck auf. Und das mühelos.
PS: Solltest du in diesem Prozess weinen müssen, ist das normal. Weinen heißt loslassen. Und das wollen wir ja. Unsere Negativbewertung loslassen. Sie hatte die Funktion uns zu beschützen, aber das tun wir ja jetzt selbst. - Meditiere. Praktiziere Achtsamkeit. Dazu wird es noch eigene Beiträge geben, aber es musste an dieser Stelle erwähnt werden.
- Finde Interessengebiete und befasse dich mit ihnen. Interesse baut, wenn man ihm nachgeht, Kompetenz auf. Kompetenz wiederum lässt uns souveräner und gelassener werden, also auch zufriedener mit uns selbst. Es ist hier von Vorteil, wenn das ein Interessengebiet ist, das deinen Körper mit einschließt. Ein geschultes Körpergefühl hilft, den eigenen Körper anzunehmen. Wer die Fähigkeiten seines Körpers spüren kann, liebt ihn automatisch mehr. Reiten oder solche ganzheitlich-entspannenden Dinge wie Yoga oder Bogenschießen sind zum Beispiel gute Ideen.
- Wo wir gerade beim Körper sind. Wenn du Probleme hast, deinen Körper anzunehmen, setze ihn ruhig mal der Öffentlichkeit aus: bewege dich in Gruppen auch bei sportlichen Betätigungen, damit du siehst, dass Andere deinen Körper auch akzeptieren können (tun sie es nicht, wechsle die Gruppe! Jeder hat mal Pech…). Oder der ultimative Pro-Tipp: geh zur Massage. Dabei kannst du üben, dich berühren und anschauen zu lassen und „trotzdem“ zu entspannen. Für viele mag das seltsam klingen, aber damit kein Problem zu haben, ist nicht für jeden selbstverständlich. (Sage ich sowohl aus der Sicht als Kundin als auch aus der Erfahrung als Wellnessmasseurin!). Es werden dabei zudem Wohlfühlhormone wie beispielsweise Oxytocin (auch bekannt als das „Kuschelhormon“) und Serotonin („Glückshormon“) ausgeschüttet. Du lernst, deine körperlichen Empfindungen zu genießen und das hilft dir sowohl beim Wertschätzen deines eigenen Körpers als auch beim Reitunterricht, da du ein besseres Körpergefühl entwickelst.
- Pflege dich! Nicht weil es besonders wichtig wäre, wie sehr du dich auftakelst, sondern weil du damit eine wichtige Botschaft an dein Unterbewusstsein sendest: „Ich bin das wert.“ Und weil es gut tut!
- Lass dir Zeit. Ein nicht so großartiges Selbstbild ist nicht erst gestern entstanden. Genauso wenig wird es morgen durch die absolute Selbstliebe ersetzt sein. Es braucht Zeit, und die solltest du dir gönnen. Ich betone das Wort deshalb so, weil es, nach den ersten emotionalen Anstrengungen, ein schöner Prozess ist, der das Leben jeden Tag ein bisschen leichter macht. Sei es dir wert.
Ich würde mich freuen, wenn du mich in den Kommentaren an deinen Gedanken und Erfahrungen mit diesen Themen und Schritten teilhaben lässt! Vielleicht kannst du auch andere ermutigen, denen es genauso ging?
Viel Erfolg und alles Liebe
Deine Jessie