Energie,  relax

„Lass mal dein Chi fließen, Alter!“

Das habe ich kürzlich auf der Straße so gehört. Ich stutzte – und war begeistert. Gut, die Schlussbetitelung hätte man sich vielleicht sparen können. Aber was vor einiger Zeit noch „Chill mal deine Base“ war, wird jetzt offenbar zu einem mindestens genauso wertvollen Tipp.

Als ich beschloss, den Schwerpunkt der Beiträge zum Thema Persönlichkeitsentwicklung auf die Entspannung zu legen, war ich erst selbst skeptisch. Obwohl Wellness und „Relaxation“ (klingt ja auch viel trendiger als „Entspannung“) eine stetig wachsende Fangemeinschaft ansammeln, klingt der Begriff doch etwas ausgelutscht, irgendwie anstrengend. Genau das wollen wir ja vermeiden. Und überhaupt – ist „Entspannung“ in unserer schnelllebigen, höher-schneller-weiter greifenden Gesellschaft nicht einfach ein Synonym für „Langeweile“?

Nein.

Ent-Spannung ist ein Ausgleich, der Wachstum überhaupt erst ermöglicht. Kennst du diese Menschen, die scheinbar immer hyperproduktiv und hibbelig sind? Aber eben auch immer leicht gestresst? Die sich vor Begeisterung beim Sprechen überschlagen? Das kann sehr charismatisch wirken, ist bei näherem Hinsehen aber oft nur eine gute Tarnung, die demjenigen selbst nicht bewusst ist. Ich selbst bin ein Paradebeispiel, und mir selbst war das sehr lange gar nicht klar. Bis ich begann, regelmäßig auszubrennen. Durch mehrere riesige Glücksfälle stolperte ich in einen einjährigen Entspannungstrainerkurs und lernte nicht nur Entspannungstechniken, sondern auch, diese zu vermitteln und – für mich vorerst am bahnbrechendsten – wie es eigentlich ist, wirklich (wirklich, wirklich!) entspannt zu sein. Das änderte mein Leben radikal.

Für mich persönlich fehlte dennoch ein Faktor: der Körper. Es gibt Menschen, die sehr körperbezogen empfinden und handeln. Diese tun sich mit „setz dich hin und meditier“ oft sehr, sehr schwer (been there, done that, doing it immernoch manchmal). Hier kam für mich die Massage ins Spiel. Mochte ich schon immer, konnte ich schon immer irgendwie und hab ich dann eben auch weitergegeben. Dennoch lernte ich erst im Laufe der Zeit, was Massage alles kann. Und dadurch auch, was wir alles können. Und unsere Körper.

Im Stall wurde sehr schnell klar: Hier ist das ideale Spielfeld für jede Form von Entspannung und Energiearbeit, denn Pferde sind extrem feinfühlig. „Meins“ zumindest. Eine unbedachte Bewegung erzeugt sofort eine von mir unerwartete  Reaktion. Ursache und Wirkung sind hier offensichtlich. Es ist nicht Tiziano (das Pferd), an dem ich arbeiten muss. Am alten Therapeutenspruch

„Du kannst nicht den Anderen ändern, sondern nur dich selbst!“

ist halt doch was dran. Und beim Pferd trifft das allein durch die Fremdsprachenbarriere doppelt zu. Die wenigsten von uns werden geboren und sprechen fließend Equislang. Und dazu kommt eben, wie auch beim Menschen, dass Pferde alle unterschiedlich sind. Das bedeutet, die einzige feste Größe, die wir im Umgang haben, sind wir selbst. Wir sind die Konstante, an der wir testen können, was im Umgang funktioniert. Dafür müssen wir aber halbwegs … richtig! … konstant sein. Gefestigt. Wir müssen uns selbst kennen, mit uns zurecht kommen. Und das ist oft nicht so leicht.

Was hat jetzt Entspannung damit zu tun?

Entspannung ist die Grundlage für fast alles. Wenn wir unsere Energie in eine Richtung lenken, egal ob geistig oder körperlich, ist das eine Aktion. Um feinste Aktionen ausführen zu können, genügen winzige Impulse.
Ein körperbezogenes Beispiel hierfür: Wenn ich reite und nach rechts abbiegen will, schaue ich dorthin. Ich drehe den Kopf nach rechts und habe an dieser Stelle bereits meinem Pferd eine Absicht mitgeteilt, denn bereits das Drehen meines Kopfes bewirkt eine Gewichtsverlagerung. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann man sich ausmalen, welche Auswirkungen Verspannungen im Körper bewirken können. Wer oft oder lange verspannt ist, spürt das oft nicht mehr oder erst wenn es wirklich heftig wird. Unser Pferd spürt das anhand unserer Ausgleichshaltungen sehr viel früher..
Ein mental orientiertes Beispiel: Ein unbewusster Konflikt, der uns über die Jahre ein bestimmtes Muster auferlegt hat. Vielleicht vermeiden wir Menschenmengen und schränken uns damit über Jahre hinweg ein, weil wir als Kind im Einkaufszentrum kurz die Mutter aus den Augen verloren haben. Ein solcher Konflikt lässt sich über bestimmte Entspannungstechniken wirkungsvoll aus der Welt schaffen.

In der Arbeit mit dem Pferd gibt es noch einen sehr offensichtlich wichtigen Faktor zum Thema Entspannung. Pferde spüren meist sehr viel genauer, wie entspannt ein Mensch ist. Es nimmt diese Emotion auf und arbeitet damit. Ein entspannter Mensch ist aufmerksamer, freundlicher, zuverlässiger und ungefährlicher. Aus Sicht des Pferdes der ideale Arbeitspartner und Freund, denn ihm kann es sein Vertrauen schenken.

In Entspannungstechniken – mental und körperlich – liegen Möglichkeiten zur Lösungen unserer inneren und äußeren Konflikte, die ich nie für realistisch gehalten hätte. Und ich wette, so geht es vielen. Zu diesem Thema wird es deshalb in Zukunft unter dem Schlagwort „Entspannung“ und in der Kategorie „relax“ noch viel Info geben.

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